Brauchen wir noch Wissenschaftler?

  • Gerade liegt die neue Viviparos mit einem Artikel von Fred Poeser vor, in dem er seine unglaublichen Findungen zu den Guppys zu rechtfertigen versucht. Dazu fällt mir nur eine Frage ein: Wozu brauchen wir überhaupt noch Wissenschaftler, die sich mit solchen schwierigen Sachen wie DNA, Flossenstrahlen etc. beschäftigen, wenn das reine Anschauen und Vergleichen von Farben und angenommenen (nicht mal nachgemessenen) Größenunterschieden schon zu neuen Arten, Unterarten, Informationen über verdrängte Populationen etc. führt? Bei einem farblich und größenmäßig so ungalublich einheitlichen Fisch wie dem Guppy muss jede kleinste, scheinbar beobachtete Änderung in natürlichen Beständen, die gerade im Küstenbereich der südostamerikanischen Küste keinerlei Verbindung haben können, weil hier ausgedehnte Sumpfgebiete liegen und der Guppy bekanntlich überaus standorttreu ist und natürlich das Wasser - Brack- und Seewasser, für Guppys absolut unüberwindliche Grenzen - ein echtes Hindernis darstellt, eine neue Art darstellen. So werden sicherlich in den nächsten Jahren noch 30, 50 oder mehr Guppyarten beschrieben werden. Und alle sind von Verdrängung und Aussterben bedroht, außer dem schlimmen P. r. guppii, der sich fürchterlich breit macht und alles überrollt. Achtung: Ende Satire.


    HH

  • Hallo zusammen,


    es wird immer unglaublicher...


    "Arten tendieren zur Hybridisierung. Das ist Natur...." (S. 51)... vielleicht singen und tanzen Arten auch...


    Nein, wer so etwas schreibt zeigt, dass er die wesentlichen Dinge in der Biologie nicht verstanden hat! Arten sind im weitesten Sinne unsere "Konstrukte", die Selektion/Evolution setzt am Individuum an, mag sein, dass einige von denen zur Hybridisierung "tendieren".


    Aber immerhin ist diesmal die Arbeit von LINDHOLM et al. (2005) mit vollständigem Titel und Zitat benannt, das die für POESER so wesentliche Stichprobe nur N=1 war, erwähnt er immer noch nicht...


    ... und der ganze wertende Quark: "Tragödie", "großartig", "beunruhigend", usw., beinahe parodistisch!


    Vielleicht stammt das Ganze von Harpe Kerkeling und Co., offenbar aber nicht von einem Naturwissenschaftler!


    Die Freiheit der Wissenschaft bietet eben auch Perlen des Humors!


    Gruß


    Erich

  • Das Wesentliche einer wissenschaftlichen Arbeit ist die Nachvollziehbarkeit und der Beleg von Behauptung. Bei Poeser fehlt alles! Da werden Behauptungen aufgestellt, die durch nichts, aber auch gar nichst unterlegt sind. Unglaublich!


    HH

  • Hallo, Experten der Ichthyologie! Zum Guppy gibt's eine irre umfangreiche "wissenschaftliche" Literatur! Tausende von Studierenden im Fachbereich Zoologie versuchen sich allein mit Arbeiten ueber den Guppy zu profilieren, sei es einen akademischen Grad zu erreichen oder im Gespraech zu bleiben. Im Kreise der DGLZ ist dies doch Fred Poeser gelungen - last but not least hat HH dazu beigetragen - dies ist kein Vorwurf, denn Poesers DATZ-Artikel "Unsere Guppys und ihre Namen" (DATZ 12/2013) habe ich gerade aufgrund von HH's Forums Hinweisen interessiert gelesen - ich bin Amateur-Aquarianer, lese aber zwischendurch "wissenschaftliche" Literatur, z.B. auch "Ecology and Evolution of Poeciliid Fishes", 2013, wo Poeser dreimal unter "references cited" genannt wird. Also ist Fred Poeser Mitglied der "scientific community" (Hanna-Maria Zippelius, Die vermessene Theorie", 1992, - ein Buch, das ich ueber HH 1994 erworben habe!) Eine Mitgliedschaft zum "erlauchten Kreis der Wissenschaftler" besagt ja nun nicht, dass da alles Veroeffentlichte auf reiner Wahrheit beruht, es ist evtl. nur eine "Diskussionsgrundlage" - besagte Frau Professorin Zippelius (1922 - 1994) unstellt gar dem einst hochpopulaeren Konrad Lorenz, Doktorvater zahlreicher anderer bekannter Biologen, eine "vermessene Theorie", so auch Richard Dawkins verreisst Lorenz, Wynne-Edwards und andere ... So scheint also auch Fred Poeser eine "vermessene Theorie" vorzutragen, die aber Anlass zur Diskussion liefert - sogar in der DGLZ, einer "Vereinigung von Amateuren", wie ich meine. Und gerade der Guppy ist aus meiner Sicht "ein Fisch der tanzen kann" (Balztanz der Maennchen), oder sehe ich hier was falsch mit meinen Amateuraugen? Und wer von der DGLZ hat bei den Guppys schon mal ein Unterwassermikrofon ins Aquarium gehalten? Vielleicht "singen" Guppymaennchen beim Balztanz auch? Lieber Erich, hast Du das wirklich ueberprueft? Ich bin mir da mit "dem nicht singenden Guppy" unter den Arten nicht so sicher, wie Du es bist! ;) Es gruesst freundlichst C4 --- Uebrigens, zum "singenden Guppy" ein Nachtrag, wenn hier schon "wissenschaftskritische Diskussionen" angeregt werden: Wickler ("Das Prinzip Eigennutz", Piper Vlg.) und E.O. Wilson ("Der Wert der Vielfalt", auch bei Piper) verwenden den Begriff der "Ethospezies", das heisst morphologisch gleiche Arten unterscheiden sich nur durch unterschiedliche Verhaltensmerkmale - sowas wird "natuerlich" bei den morphologisch orientierten DGLZlern abgelehnt - okey, Fred Poeser ist da mit seinem "Poecilia kempkesi" im "Verein der Morphologen", nach Pardalis ein "Schuppen- und Flossenstrahlenzaehler"! :lol: - C4

  • Mein lieber Zephyr,


    ich habe mich wahrscheinlich schon wieder zu blöd ausgedrückt, ich meinte nicht Guppys beim Singen und Tanzen, war sicherlich ein idiotisches Beispiel! Eigentlich wollte ich nur deutlich machen, dass “Arten” keine Aktivitäten, Tendenzen, o.ä. unternehmen/zeigen, sondern nur Individuen…


    … und die “Ethospezies” ist aus meiner Sicht auch eine “Biospezies” und damit der “Morphospezies” überlegen. Es gibt sogar Arten, die sich weder morphologisch noch ethologisch oder sonst wie unterscheiden, aber unterschiedliche Habitate bewohnen. Sie sind inzwischen genetisch soweit voneinander entfernt, dass selbst im Labor keine lebensfähigen Hybriden entstehen.


    "Das DGLZ-Forum ist ein Spiel." Du kennst dieses Zitat, es stammt nicht von mir!


    Aber noch zu POESER: Winges Guppys aus dem von ihm zitierten Beitrag (WINGE, 1922) stammten nicht aus Gegenden (“aus welcher Gegend” (S. 52)), sondern er hatte sie von Johannes Schmidt!


    Dieser (Johs. SCHMIDT) hat 1920 eine nette Arbeit über Guppys mit eindrucksvolle Farbentafeln, die offenbar auch WINGE verwendet hat, verfasst:
    “The Genetic Behaviour of a Secondary Sexual Charakter.” Comp. rend. d. trav. Du Laboratoire Carlsberg, Vol. XIV. No. 3.
    SCHMIDT hatte seine Guppys aus einem Geschäft in Kopenhagen und erwarb beim Besuch einer Aquarienausstellung in Kopenhagen 1916, das farbenprächtige Männchen, das ihn zu seinen Untersuchungen veranlasste und das der “Stammvater” des später auch von WINGE verwendeten Stammes wurde.
    Der Vater der Männchen, die POESER aus der Arbeit von WINGE abbildet, war übrigens ein “Untenschwert”.


    Hier noch einmal ein ganz herzlicher Dank an Markus, der mir die Arbeit von Johs. SCHMIDT vor ca. 14 Tagen zur Verfügung gestellt hat!


    Es gäbe noch soviel zu schreiben…


    Gruß


    Erich

  • Die Guppys wurden schon seit Ende des 19. Jahrhunderts in den verschiedensten Gebieten zur Mückenbekämpfung (ohne messbare Effekte) ausgesetzt. Auch ein Aspekt, den FP nicht berücksichtigt. Deswegen muss es keineswegs natürliches Verbreitungsgebiet sein. Kommt auch heute noch dort auf den Amerikanischen Jungferninseln vor, gilt laut Fishbase als ausgesetzt.


    HH

  • Hallo, was Pardalis da erzaehlt zum Guppy aus dem Kopenhagener Zoohandel, gefaellt mir ausserordetlich! Pardon - ich gehoere nicht zur Gilde der Fach-Biologen. Klingt wie Jaegerlatein! - Mein schwarzer Guppy "Blacky", auch ein seltenes Unikat, koennte ebenfalls ein Fall fuer morphologische Forschungszwecke sein, wie ich sehe ... Aber im Kreise der DGLZ sind wir alle Amateure und sollten die Latte nicht zu hoch haengen! Die Zeitschrift "Viviparos" mit Fred Poesers Aufsatz ist doch kein Wissenschafts-Journal, wie etwa "Systematic Zoology" und aehnliches ...Aber okay kann mich irren ... Es gruesst Zephyr

  • Hallo - komme noch mal zum Thema "Wissenschaften": Die vorgenannte Zeitschrift "Systematic Zoology" wurde 2001 eingestellt - leider - ich war da nicht auf dem Laufenden - die Zeiten aendern sich und wir leben in der Krise - auch auf dem Sektor "wissenschaftliche Zeitungen". Ich war eben 1999 das letzte Mal im naturwissenschaftlichen Leesesaal einer Universitaet - damals lagen da noch mindestens 15 wissenschaftliche Zeitschriften aus zur Lektuere ... die Zeiten sind vorbei!

  • Das Problem ist, dass Beschreibungen, selbst wenn sie in öffentlich ausgesprochen schlecht zugänglichen Zeitschriften erfolgen (wie Viviaparos und die DGLZ-Rundschau, wobei letztere da keinerlei Ambitionen hat), gültig sind, wenn sie die Formalien erfüllen. Da kann man sich natürlich fragen, warum FP gerade diese Zeitschrift wählte. Die Antwort liegt aber auf der Hand, das hätte er niemals in einem "seriösen" Magazin untergebracht.


    HH

  • Hallo


    Harro ich finde mit deiner letzten Bemerkung gehst du eindeutig zu weit.
    Die viviparos als "unseriöse" Zeitschrift zu titulieren verstößt nach meinem
    Empfinden eindeutig gegen deine eigenen Forenregeln.
    Nach zu lesen unter den Punkten 1 und 5. Höflichkeit und Bewahrung der
    ethischen, moralische und rechtlichen Grundlagen des Umgangs miteinander.


    Auch die unterschwelligen Äußerungen zu Fred Pöser sind meiner Meinung nach
    hart an der Grenze. Auch hier sollten die Forenregeln uneingeschränkt gelten.


    Ob Poecilia kempkesi eine gute oder keine Art ist kann ich nicht beurteilen,
    dafür reicht mein wissenschaftliches Verständnis bei weitem nicht aus.
    Aber wir sollten zu einer sachlichen Diskussion und einem Austausch hier zurück
    kehren und und ich würde dich, Harro, bitten als Forenmaster auch hier auf die Einhaltung
    der Forenregeln achten und selber solchen Äußerungen zu vermeiden.


    Volker

  • Weder Viviparos noch die DGLZ-Rundschau sind in diesem wissenschaftlichen Zusammenhang seriöse Zeitschriften. Wissenschaftliche Erstbeschreibungen haben hier nichts zu suchen. In keiner wissenschaftlichen Zeitschrift wäre diese Erstbeschreibung erschienen.


    Meine Meinung zu Fred Poeser (nicht Pöser) habe ich ausreichend begründet.


    Ansonsten kann ich hier keinen der von dir genannten Verstöße erkennen. Das ist zwar harsche Kritik, in der Sache aber begründet. Als "Wissenschaftler" hat er sich disqualifiziert. Und das ist keineswegs meine alleinige Meinung, da gibt es auch einige Professorenäußerungen dazu.


    HH

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