Goodeiden ausgewildert

  • Der im link genannte Teich existiert nun bereits seit bald fünf Jahren. Wer kein Spanisch spricht, dem helfen vielleicht folgende Informationen:
    Kees de Jong (derzeit wohl derjenige, der sich in Europa am besten mit den mexikanischen Biotopen auskennt) schreibt dazu in einem Bericht von seiner letzten Mexikoreise im Januar 2013:
    "Am Ende des Tages besuchten wir noch den künstlichen Teich, der von der Universität Morelia angelegt und mit Goodeiden bestückt wurde. Hier leben mehrere Arten nun in einem mehr oder minder natürlichen Biotop. In 2009 war ich bereits einmal hier, und nun war ich neugierig zu erfahren inwieweit es möglich ist eine größere Population unter solchen halbkünstlichen Umgebungsbedingungen zu halten. Beim letzten Besuch konnten wir eine große Anzahl Goodeiden in diesem Teich fangen. Auch diesmal lieferten einige Züge mit dem Schleppnetz durch den Teich gute Resultate. Die hier ausgesetzten Goodeiden Neotoca bilineata, Zoogoneticus tequila und Allotoca goslinei kamen in großen Mengen vor. Das Wasser des Teiches war trüb, und dies ist laut Omar wahrscheinlich der Grund, dass Allodontichthys-Arten in diesem Teich nicht gut zu halten sind. Auf jeden Fall ist es gut zu sehen, dass auf diese Weise Allotoca goslinei erhalten werden kann.
    Im natürlichen Verbreitungsgebiet ist diese Art vermutlich durch die Einführung des grünen Schwertträgers Xiphophorus hellerii ausgestorben. John Lyons hat deren Biotop regelmäßig besucht und fing jedes Mal mehr Schwertträger und weniger Allotoca goslinei. Schließlich, so berichtete Lyons beim Treffen der GoodeidWorkingGroup in Wien, konnten nur noch Schwertträger gefangen werden: Alle Goodeiden scheinen dort nun verschwunden zu sein."


    Das ist der erste echte Auswilderungsversuch von Goodeiden, und deshalb extrem spannend zu verfolgen.


    Viele Grüße,
    Markus

  • Hallo Markus,


    die Formulierung, es sei "der erste echte Auswilderungsversuch" halte ich für gewagt!


    Der Teich ist nur ein "Erd-Aquarium", in dem Aquarienstämme ohne echte ökologische - und damit evolutive Einwirkungen - mehr oder weniger gut vermehrt werden. Also ohne differenzierte ökologische Nischen, physikalischen und chemischen Gradienten, Feinddruck, Konkurrenz mit anderen Arten, usw..


    Aber da es eben in einem "Aquarium" stattfindet, kann aus ökologischer Sicht zumindest gesagt werden, dass damit bisher noch keine Beeinträchtigung der freien Natur und Landschaft eingetreten ist.


    Ausgestorbene Arten sind verloren, diese traurige Tatsache müssen wir akzeptieren! Aquarienstämme schwimmen zu lassen ändert nichts. Die sind genetisch beschränkt und solange die Ursachen für das Aussterben nicht dauerhaft beseitigt sind, auch schnell wieder weg.


    Daran zu glauben, dass die Ursachen in Mexiko dauerhaft beseitigt werden können, halte ich für ziemlich naiv.


    Damit kein Missverständnis entsteht: dies ist absolut nicht persönlich gemeint, sondern nur eine Meinungsäußerung!


    "Auswilderungen" in Europa funktionieren bisher - z.B. Luchs, Wisent, usw. - nur in Reservaten, das sind "Zoos ohne Gitter".


    Eine Ausnahme bilden Lachs und Stör. Für beide Arten wurden aber zuvor die wesentlichen Ursachen des Aussterbens, nämlich Gewässerverunreinigung und mangelnde Durchgängigkeit der Flüsse, beseitigt. Außerdem gab es noch Wildpopulationen aus denen man Tiere entnehmen konnte.


    Gruß


    Erich

  • Thema Lachs: Hier gab es keine (!) Wildpopulationen mehr. Es wurde schottischer Lachs (und, wenn ich mich nicht täusche, schwedischer) ausgesetzt. Aus ökologischer Sicht ist die Wiederansiedlung wichtig (der Lachs ist Leitart, etwa Neunaugen profitieren auch), vom Arterhaltungsstandpunkt ist das völlig egal. Ähnlich wäre es mit dem Stör, beim Maifisch befürchte ich, man hatte noch winzige Restbestände, die man durch Aussetzen versaut hat.


    HH

  • Hallo Erich,
    natürlich ist das der erste echte Auswilderungsversuch bei Goodeiden, kennst du einen anderen?


    Zitat von "pardalis"

    ohne echte ökologische - und damit evolutive Einwirkungen - mehr oder weniger gut vermehrt werden. Also ohne differenzierte ökologische Nischen, physikalischen und chemischen Gradienten, Feinddruck, Konkurrenz mit anderen Arten, usw..


    Mir scheint, wir reden von unterschiedlichen Dingen.


    Die „Diskussion“ zu diesem Thema ist bei uns ziemlich einseitig. Die Argumente der Kritiker sind hinreichend bekannt, und wenn Zweifel an den üblicherweise vorgestellten Modellrechnungen zur Durchführung einer Arterhaltungszucht geäußert werden, wird eben gerne die „Faunenverfälschung“ angeführt. Na ja.
    Leider fehlt uns aufgrund dieser einhelligen Ablehnung solcher Versuche die Möglichkeit, die der Kritik an solchen Projekten zu Grunde liegenden Annahmen einmal in der Natur zu überprüfen. Darum begrüße ich den Versuch der mexikanischen Wissenschaftler und hoffe, dass sich aus den gesammelten Erfahrungen auch weitere Erkenntnisse über die Biologie der untersuchten Arten ableiten lassen. Wenn das nicht extrem spannend ist...
    Der Vergleich mit Maifisch, Stör, Wisent etc. ist hier m.E. allerdings ungeeignet.


    Mal sehen, vielleicht gibt es darüber ja auch mal etwas zu lesen. Dann sehen wir weiter.
    Viele Grüße,
    Markus

  • Unter Auswilderung verstehe ich die Ansiedlung in einem ursprünglichen, restituierten Biotop. Das Zusammenleben in einem Teich ist auch interessant, hat aber mit Auswilderung so wenig zu tun wie das Halten von Goodeiden im Gartenteich. Trotzdem tut es denen gut!


    HH

  • Hallo allerseits! Ist auch "mein" Thema, das hier, weil's doch um "Conservation Biology", "Reintroduction" und "Translocation" geht, sofern man Fische zur Arterhaltung neu ansiedelt und aussiedelt. Dazu schrieb einstens schon "Freund" Culum Brown 1998 im ANGFA Bulletin, was ich damals sehr interessiert gelesen habe und deshalb sogar in mein "book shelf" eingereiht habe - sozusagen die "key words" habe ich mit Culum Brown als "Grundwissen" abgespeichert - und zur Nachlese aufbewahrt. Sicher hat den Aufsatz auch Harro gelesen und hat sein ANGFA-Bulletin im Buecherschrank sogar aufbewahrt. Zudem schreibt Culum Brown im "Journal of Fish Biology", bei dieser Zeitschrift sitzt Harro meines Wissens "mit im Boot". Harro ist somit ein wissender Experte, er kennt den Culum und das Sujet ...... und Pardalis ?, ja wie macht der das? - "No problem!" - der hat Zugriff zur gesamten wissenschaflichen Literatur! Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich! :lol: Es gruesst freundlichst, .... Zephyr ;)

  • Oh yes! Verzeihung! Auch Zephyr irrt zuweilen, als Amateur, der er ist und bleibt. ... - das ist aber nicht so schlimm, oder? - "Journal of Fish Biology" gibt' s aber auch, da fand ich noch 'ne Buchrezension von einem L. A. Jawad zu "Ecology and Evolution of Poeciliid Fishes", 2011, ... na ja, und das "ANGFA-Bulletin" hat sein Erscheinen eingestellt ... gibt's nicht mehr! Kann mich aber auch da irren. Das ist "der Fluss des Heraklit", das Leben geht weiter, so oder so, auch 2014 gibt's kein Ende .... hoffentlich! Es gruesst Zephyr

  • Hallo zusammen,


    Harro hat weiter oben zu meiner Anmerkung zum Lachs geschrieben, dass es eben keine Relikte o.ä. einer Population in Deutschland mehr gab, und die ausgesetzten Tiere aus Nachzuchten dänischer und schwedischer Population stammten.


    Völlig richtig, wie man diesem Beitrag zum aktuellen Stand (2012) des entsprechenden Programms entnehmen kann.


    http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=2&cad=rja&ved=0CDQQFjAB&url=http%3A%2F%2Fwww.mdwf.de%2Fdocs%2Fsymposien%2F2013_05_16_Zahn_Lachse_in_Brandenburg.pdf&ei=2cfWUqukIcbW4AT7jYDwDg&usg=AFQjCNGKdMSCG1n5MDBC9tmXwCPukfymtw&bvm=bv.59378465,d.bGE


    Gruß


    Erich

  • Hi HH! Ja! It's wonderful! "Fishes of Sahul", da koennten wir wieder zum Thema von Monsieur Pardalis mit "Translocation" kommen - ich lese im "Field Guide to the Freshwater Fishes of New Guinea" von G. R. Allen: "Native to Central America, the swordtail was introduced to the Wau-Bolulo district of Papua New Guinea (date unknown). It was abundant in streams near Wau ..." - Ein klarer Fall von Faunenverfaelschung, oder? Ein "artifact"! - und erstaunlich, wie anpassungsfaehig Xiphophorus helleri ist. Aber: " ... no studies have been undertaken to determine its effect on the native fish fauna ...". Der Schwerttraeger ist ja ein "harmloses und nettes Fischchen" ... Allerdings "X",wie Xenotoca-Spezies, haben es scheinbar noch nicht bis Neu Guinea geschafft! :lol: Es gruesst Zephyr - -----------------------------Nachtrag, ich uebersetze das Englische von G.R. Allen: "Heimisch in Mittel-Amerika, wurde der Schwerttraeger im Wau-Bolulo-Distrikt in Papua Neuguinea ausgesetzt (Datum unbekannt). Der Fisch kam in den Fluessen um Wau zahlreich vor ..." und " ... es gibt keine wissenschaftlichen Untersuchungen ueber die Auswirkungen auf die heimische Fischfauna ..." - so kann's jeder DGLZler verstehen! ;)

  • Hei - Fellows of the DGLZ-Forum! Sehe gerade den Vermerk in meinem Beitrag vom 15. 1.: "Beitrag wurde 1 x geaendert!" - Da ist man in der "Administration" scheinbar ganz schoen penibel! Totale Ueberwachung? Wie in Obamas Administration? - Geaendert hatte ich "Poeciliid" - hatte ein i vergessen, und ich weiss doch, Pardalis findet so einen Fehler, gerade da, unverzeihlich! Also habe ich's ausgebessert. Sonst alles okay! ;) C4

  • Diese Hinweise erstellt das Programm automatisch. Es dient dazu, nachträgliche Manipulationen erkennen zu lassen. Und auch das Ergänzen eines i ist natürlich eine Manipulation (im wahren Wortsinn, nicht negativ belegt wie meist gebraucht).


    HH

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