Bei Gräfe & Unzer erschien der neue GU-Tierratgeber Guppy, Platy, Molly, Autor Michael Kempkes, Fotograf Chris Lukhaup. 7,90 Euro im Buchhandel oder etwa bei Amazon.
Dieses Buch hinterlässt einen sehr gemischten Eindruck. Was dort über Lebendgebärende steht, ist überwiegend nachvollziehbar, wird aber bei dem einen oder anderen schon Kritik hervorrufen. So hat schon Hans Luckmann fast ständig darauf hingewiesen, dass es beim Guppy eben nicht nur auf die Flossen, sondern auch auf die Farbe ankommt - das kommt eher im Nebensatz vor. Der Teufel liegt aber im Detail und ich will hier nur einige (!) Punkte anführen, die mich nur wenige Minuten Lesen gekostet haben. Blonde Guppys haben keinen Mangel an Melanin, es fehlt ihnen. Ein Mangel würde zu einer Aufhellung führen. "Blondguppys" ist ein ungewöhnlicher Begriff. Überflüssig ist die Bemerkung bei allen (!) Wildformen außer Guppy, Platy, Molly und Schwertträger, dass sie sauberes Wasser brauchen - welcher Fisch nicht? Fertigsets sind nicht für Anfänger geeignet, weil zumindest der Filter völlig unterdimensioniert ist. Warum kein Lavagestein als Bodengrund? Bei den Mollys spielten beim Herauszüchten vieler Zuchtformen eben nicht Mutationen die Hauptrolle, sondern Kombination und Selektion (zwei Begriffe, die ich leider nicht fand). Schwebealgen lassen sich nie durch einen Filter beseitigen (sie sind zu klein), zu viel Licht ist nicht die Ursache, es sind immer die Nährstoffe. Die Karbonathärte ist ganz bestimmt nicht in der Gesamthärte enthalten, den Teil Wasserkunde lesen Sie besser nicht. Es stimmt nicht, dass die Vitamine sich bei falsch gelagertem Futter als erstes zersetzen, sie nehmen zwar ab, aber das Fett wird eher ranzig und dadurch altes Futter schlecht verträglich. Warum man nach dem Urlaub immer viel Wasser wechseln soll, ist mir nicht klar, vor allem, wenn es sich um einen einwöchigen Kurzurlaub ohne Fütterung handelte. Wer schon einmal versucht hat, Algen mit Filterwatte von den Scheiben zu bekommen (in einem algenfreien Aquarium bildlich dargestellt), wird schnell eine vernünftigere Methode suchen. Dass Mollys und Guppys leicht kreuzen, war mir neu, es gehört schon einiges dazu - und die Nachkommen sind eh steril. Dass Doppelschwert- und Triangelguppys eigene Arten darstellen, war mir ebenfalls neu. Futter mit dem Aufdruck "Für die Ernährung Lebendgebärender Zahnkarpfen geeignet", das es geben soll, wäre angesichts der unterschiedlichen Ansprüche bereits von Mollys (Algenfresser) und Guppys (Allesfresser) unsinnig. Aber selbst Google versagt bei der Suche nach dieser Formulierung. Wer tiefgefrorene Mückenlarven auftaut, vergiftet seine Fische eher, als wenn er gefroren füttert (die Erklärung dafür ist, dass speziell Mückenlarven bereits beim Antauen zu verderben beginnen). Im 54 l-Becken Bananen oder Erdbeeren verfüttern dürfte keine gute Idee sein. Von Gambusia affinis sind keine Schwärzlinge bekannt, wohl aber Albinos. Schwärzlinge gibt es von G. holbrooki. Neue Mittel zur Krankheitsbekämpfung (z. B. wirksame Wurmmittel mit Praziquantel, nicht, was der Autor angibt, das wirkt nicht) sind wohl unbekannt. Schimmelpilz mit dem gleichen Mittel wie Saugwürmer bekämpfen zu wollen, ist auch eine schlechte Idee. Ablaichkästen sind nicht gut geeignet, sondern gerade die vorgestellten aus Plastik sind reine Tierquälerei. Blödsinn ist natürlich auch, dass Jungfische von Lebendgebärenden ihre Schwimmblase mit atmosphärischer Luft füllen müssen - sie können sofort schwimmen, ohne an die Wasseroberfläche zu kommen. Lebendgebärende fressen ihre Jungen nicht zur Bestandsregulierung - noch so ein Unsinn.
So könnte ich weitermachen. Auf praktisch jeder Seite ist etwas zu finden, was so nicht oder nicht ganz stimmt. Das Buch ist nicht schlecht, sondern ausgesprochen schlecht und wenig fachkundig lektoriert. Der Vorwurf geht also nicht nur an den Autor, sondern auch an die Lektorin (die allerdings nicht vom Fach ist, was aber eigentlich keine Entschuldigung sein darf). Erwähnenswert sind die guten Fotos.
HH